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Sind „Pasta al dente“ die besseren Kohlenhydrate?

Warum ist die Blutzuckerwirksamkeit von Pasta anders als die von Couscous oder Brot, selbst wenn alle aus Hartweizengrieß hergestellt werden?

Vor einer Weile bin ich an einem verlängerten Wochenende in der Südpfalz Rad gefahren. Nach einer Rennradtour mit 80 km und 800 Höhenmetern hatte ich einen richtigen Kohldampf und habe mir – die Low-Carb-Fans werden staunen – bei einem Italiener tatsächlich als Zwischengang noch „Tagliatelle alla Nonna“ (Tagliatelle mit Auberginen, Tomaten Mozzarella und Basilikum) gegönnt. Meine Muskeln hatten das verdient…

Schon lange ist bekannt, dass al dente gekochte Pasta den Blutzuckerspiegel in geringerem Ausmaß steigern als beispielsweise Kartoffeln, Reis oder Brot.

Während für helles Brot das Mehl aus Weichweizen (Triticum aestivum) verwendet wird, kommt für die Herstellung von Nudeln Hartweizen (Triticum durum) zum Einsatz. Die beiden Weizensorten unterscheiden sich im Proteingehalt, der beim Hartweizen deutlich höher ist, wohingegen der Weichweizen mehr Stärke enthält. Doch nicht nur das könnte ist für die Blutzuckerwirksamkeit wichtig sein: Auch die Verarbeitung der Körner hat darauf einen Einfluss.

Um diese Frage genauer zu klären, wählte eine aktuelle italienische Studie einen interessanten Versuchsansatz: Bei gesunden, schlanken Männern und Frauen wurden vier verschiedene, allesamt aus demselben Hartweizengrieß (Semolina durum) hergestellte Produkte verglichen: zwei Nudelsorten, Spaghetti und Penne, Couscous sowie Weißbrot, das ebenfalls aus Hartweizengrieß und lediglich mit den Zutaten Wasser, Salz und Hilfe hergestellt wurde.

30 Probanden verzehrten an verschiedenen Tagen jeweils eine solche Menge des jeweiligen Produktes, dass darin 50 g Kohlenhydrate enthalten waren. Verglichen wurden sowohl die Blutzuckerwirksamkeit als auch die Insulinspiegel über 2 Stunden nach dem Essen. Als Referenz nahm man die entsprechenden Kurven nach der Aufnahme von 50 g purem Traubenzucker.

Es zeigten sich deutliche Unterschiede beim maximalen Anstieg des Blutzuckers, aber noch größere Differenzen bei der Höhe der Insulinspiegel und der Zeitdauer, die diese erhöht waren.

Beim Vergleich von Spaghetti und Penne gab es einen kleinen, unerheblichen Vorteil zugunsten der Spaghetti. Couscous und Brot dagegen führten zu einem signifikant höheren Blutzuckeranstieg und zu einer rund doppelt so hohen Insulinausschüttung über zwei Stunden wie al dente gekochte Pasta. Das Brot bewirkte tatsächlich dieselbe Menge an Insulinausschüttung wie purer Traubenzucker!

Teil 2 der Studie sollte prüfen, wie es zu diesen Unterschieden zwischen den vier Produkten kommen konnte, die aus dem identischen Grundmaterial Hartweizengrieß hergestellt wurden.

Man untersuchte die durchschnittliche Anzahl an Kauvorgängen beim Verzehr der 4 Produkte, indem ein Elektromyogramm von den Kaumuskeln abgeleitet wurde. Beim Verzehr von Spaghetti und Penne kauten die Probanden öfter als beim Verzehr von Couscous und Brot (34 und 38mal vs. 27 und 24mal). Die Verweildauer der Nahrung im Mund war bei Pasta deshalb durchschnittlich um 5-10 Sekunden länger.

Schließlich schlucken die Probanden eine Portion nicht herunter, sondern lieferten sie zerkaut zur Analyse ab. Für die 4 Produkte wurden der ausgespuckte, gekaute Nahrungsbrei gesammelt und gleichmäßig verrührt. Unter dem Mikroskop analysierten die Forscher die Größe der Partikel. Und in einem „künstlichen Magen“ wurde anschließend für allen vier Gruppen die weitere Verdauung beobachtet.

Die einzelnen Brocken im Nahrungsbrei waren bei der Pasta deutlich größer als bei Couscous und Brot. Die Pasta-Stücke enthielten außerdem selbst nach der Verdauung im Magen noch immer reichlich ungespaltene Stärkemoleküle, wohingegen die Stärke aus Couscous und Brot vollständig hydrolysiert (aufgelöst) war. Da die Glukose erst nach ihrer Abspaltung aus der Stärke ins Blut aufgenommen werden kann, geschieht dies offensichtlich bei der Pasta deutlich langsamer als bei den anderen Hartweizengrieß-Produkten.

Damit liefern die Autoren eine bisher nicht bekannte Erklärung für den objektiv gemessenen, geringeren Blutzucker- und Insulinanstieg nach dem Verzehr von Pasta.

Fazit: Natürlich enthalten auch Pasta al dente reichlich Kohlenhydrate, insbesondere wenn man davon eine größere Menge verzehrt. Jedoch sind Spaghetti und Penne im Vergleich zu Couscous und Brot sowie natürlich auch im Vergleich zu Reis oder Kartoffeln geringer blutzucker- und insulinwirksam. In einer moderat kohlenhydratreduzierten Ernährungsweise bei Menschen ohne Prädiabetes oder Diabetes können Pasta al dente durchaus ab und zu vorkommen.

Ist der Zuckerstoffwechsel gestört, dann sollten auch Pasta al dente besser vermieden werden. Eine Ausnahme gibt es: Wenn man zuvor ein paar Stunden Rad gefahren ist oder die Muskeln auf andere Weise reichlich gearbeitet haben und deshalb aufnahmebereit sind für Kohlenhydrate, dann geht eine begrenzte Menge Pasta auch bei (Prä-)Diabetes in Ordnung.

Ach ja – erwähnt werden muss noch, dass die Studie von Nudelhersteller Barilla gesponsert wurde. Aber sie ist ohne Frage fachlich sehr gut gemacht, wurde in einer guten Ernährungsfachzeitschrift veröffentlicht und ist deshalb nach meiner Einschätzung absolut glaubwürdig.

Vanhatalo S et al., Pasta Structure Affects Mastication, Bolus Properties, and Postprandial Glucose and Insulin Metabolism in Healthy Adults. The Journal of Nutrition 2022; 152: 994-1005. https://doi.org/10.1093/jn/nxab361